About

egger roseneder contemporary
Renate Egger und Wilhelm Roseneder

Artists: Painting, Sculpture, Photography, Video, Installation, Land art, Concept art, Street art, Object, Work on paper, Drawing, Watercolor

Kunstraum/Showroom
Dianagasse 6, 1030 Vienna, Austria
regger@iname.com, roseneder@iname.com

 

Wilhelm Roseneder. I really like the middling size and tall shape of this green, blue and yellow paintings. I don´t know why, why would I? They remind me, with their scraped and combed about oily freshness, of David Hockney´s apple-green white and salmon-pink stoned monochromes from the seventies as well as Richter´s stage designs for The Fairie Queen and Shrek. I like the fact that current painting is direct and quite comfortable with its immediate circumstances, not forgetful or apologetic or trying to lose itself and than find itself again as an aide memoire in an endless, mundane game of popping out from behind shrubby bushes and spruces, or rocks and surprising oneself and few friends from odd angles and becoming lonely.

Matthew Arnatt & David Mollin, 100 Reviews April 2003, London

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Die Grundlage für Wilhelm Roseneders Installation mit dem Titel „Vier Farben“ bietet eine eingehende Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Vierfarbendruck. Bei diesem graphischen Verfahren werden von einem Farbdiapositiv (des abzubildenden Gegenstandes) unter Vorschaltung von Farbfiltern drei einzelne Druckstöcke, die jeweils nur die Farbanteile des Bildes in einer der Primärfarben Gelb, Blau und Rot enthalten und einem vierten, schwarzen Druckstock, der zur Erlangung einer stärkeren plastischen Wirkung dient, hergestellt. Bei viermaligen Durchlauf des Papierbogens durch die Druckvorrichtung erfolgt ein Übereinanderdruck der vier Autotypien mit der jeweiligen Grundfarbe und dem schwarzen Ton. Auf diese Weise ist es möglich eine farbige Darstellung mit sämtlichen im Spektrum existenten Mischfarben und Farbübergängen sowie verschiedene Sättigungswerte zu erzielen.

In Kenntnis dieses Vorganges und bezugnehmend darauf entwickelt der Künstler eine Arbeit die einerseits auf Theorien der Farbenlehre, der Warnehmung und der Phänomenologie basiert, andererseits aber auch grundlegende Fragen des plastischen Gestaltens aufwirft. Auf vier mobilen Metallständern (mit Rollen) hat der Künstler je einen heute nicht mehr gebräuchlichen Waschkessel aus Kupfer in einer Höhe von ca. 300 cm gelagert. Eine Postierung, die jeden optischen und haptischen Zugriff durch den Betrachter unmöglich macht. Die dieserart zweckentfremdeten und umgestalteten Objekte wurden zur puristischen Metallskulptur in serieller Abfolge entwickelt. Vier im Durchmesser den Behälteröffnungen (63 cm) entsprechende Spiegel sind diesen exakt in der Vertikalachse, knapp unter der Raumdecke mit Spannschrauben auf Drahtseilen angebracht, gegenübergesetzt.

Die Spiegel eine weitere Raumperspektive weisend, lenken den Blick indirekt in die Kessel, das Negativ-Volumen der offenen Körper veranschaulichend. Farbe, traditioneller Weise als der Form untergeordnetes Mittel eingesetzt, entpuppt sich als Inhalt und verkehrt die Form selbst zur Substruktion.

Roseneder verwendet Eitemperafarbe auf Kreidegrund in den genannten Primärfarben und in der Nichtfarbe Schwarz. Er arbeitet also mit einer auf die Grundfarben reduzierten Skala. Farbe in ihrer reinsten und objektivsten Erscheinungsform, die dann durch die Spiegelung optisch einen weiteren Schritt hin zum abstrakten Gestaltungsmittel erfährt. Die Illusion einer flachen, homogenen Farbform elementarer geometrischer Grundgestalt entseht. Die Problematik der Farbe als selbständiges bildnerisches Mittel und ihrer Eigenschaften (der Farbenlehre) stellen sich zur Diskussion.

Andererseits kann auch hier, theoretisch wie imVierfarbendruck, die Zusammensetzung eines Bildes durch die Elemente Farbe und Form erfolgen – nicht nur durch die visuelle Leistungsfähigkeit und das Vorstellungsvermögen des Rezipienten, sondern auch durch eine potentielle Dynamisierung, suggeriert auch durch die Rollen an den Stützen der Objekte und durch dermaßen in Bewegung gesetzten Farbabläufe.

Aus der Denaturierung der Farbe als selbständiges bildnerisches Mittel resultiert die Möglichkeit des beliebigen künstlerischen Einsatzes, wie es nicht nur der Vierfarbendruck auf technischem Gebiet, sondern auch die Installation von Wilhelm Roseneder vor Augen führt.

Christine Grundnig. Plastik Akut IV, Landesgalerie Kärnten 1995

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Roseneder asserts relationships between words and images that range from the collaborative to the conflicting…chooses words with international currency and often, potent associations…rely on a similar confrontation between a familiar term and an unfamiliar context –

Leah Ollman, Los Angeles Times 1990

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Wenn Renate Egger sich dem Material Holzplatte zuwendet, geschieht dies nicht aus einer Transformationsintention desselben, sondern aus einer Veränderungsabsicht, die auf der geistigen Auseinandersetzung mit dem Vorgegebenen basiert. Wahrgenommene Strukturen: Verästelungen, Astlöcher, die mit unterschiedlich gefärbten Hölzern gefüllt sind, Linienbahnen und –unterbrechungen, rauhe Fasern und glatte Oberflächenpartien sind ausschlaggebend für die persönliche Konfrontation mit einem Material, welches in der kunstgeschichtlichen Tradition als Bildträger für Farbschichten oder Collagen diente. Im Verabsolutierungsprozeß der Moderne wurden einzelne Kompartimente des Endproduktes Bild immer wieder herausgelöst und als Kunstwerk an sich betrachtet. War es die Verselbständigung der Farbe, des Lichtes oder der Form, ist es in diesem Falle die Autonomisierung des Bildträgers. So können die Holzplatten Eggers zwar einerseits als verabsolutiertes Bildelement gesehen werden, andererseits beinhalten diese aber auch materialimmanente Strukturen und sind somit wiederum Träger von Bildern. Im künstlerischen Konzept sind es eben diese Bilder von Strukturen, die es gilt, zu apostrophieren und akzenturieren.

Die künstlerische Bearbeitung erfolgt dabei durch: 1.graphisches Verstärken bereits vorhandener Holzmaserungen, 2.die Hervorhebung von Strukturen in den Holztafeln mittels metallischer Beifügungen, 3. eigenständige Linienführungen und 4. die alleinige Wahrnehmung.

In See und Gebirge von 1991 wird das imaginäre Gebirge durch Nachzeichnung betont und steht als Kontrapunkt zur Seeform, welche im innerbildlichen Rahmen von der Holzstruktur vorgegeben wurde. Als pointierter Gegenpart zu Verästelungen oder markanten Linien werden manchmal auch sogenannte Picture hangers gesetzt, die in Umkehrung ihrer eigentlichen Funktion nicht mehr Bilder halten, sondern selber zu Bildelementen werden.

Im Gegensatz dazu weisen einige Holzarbeiten Eggers eine vordergründige Unabhängigkeit von den werkstoffimmanenten Formen auf, da die graphische Linienführung und die dadurch entstandenen Formationen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, wie bei Dream state von 1988 oder EEG von 1991. Bei genauer Betrachtung wird jedoch auch in diesen Beispielen auf die Auf- und Abwärtsbewegungen der Fasern korrespondiert. Diese Arbeiten weisen auch besonders deutlich auf die Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Psychologie und Philosophie hin, die in einem persönlichen Brückenschlag von Kunst und Wissenschaft mündet. Eine Reduzierung der eigenständigen graphischen Bearbeitung ist vor allem in den Arbeiten der letzten Jahre augenfällig, wo nur noch schwarze Linien eingesetzt werden, um beispielsweise Astlöcher assouiativ zu einem „Dreigestirn“ oder einem Spinnennetz zu verbinden. Hierin postuliert sich auch eine dialektische Spannung von Linie und Struktur.

Der größte Teil der Holzarbeiten zeichnet sich durch bloße Wahrnehmungsprozesse aus, die in einigen Namensgebungen offenkundig werden. Aus der Bahn von 1991 oder Four black points excluding one white point von 1988 sind intuitive Ergebnisse konzentrieren Schauens und des Herstellens von Formenkorrelationen. Diese Konzentration auf das reine Sehen und Wahrnemen wurde vor allem in den jüngsten Arbeiten forciert, wo eine alleinige geistige Offenlegung der holzimmanenten Strukturen angestrebt wird. Bei diesen schlicht als Strukturen betitelten Objekten liegt es am Rezipienten, eigene Bilder zu kreieren und das Werk damit zu vollenden. Das Erscheinungsbild dieser Arbeiten ist stark minimalisiert. Diese Reduktion auf das reine Schauenentspricht in vielerlei Hinsicht den Anforderungen der Zen-Philosophie, von der sich Egger auch beeinflußt wähnt.

Die Komplexität von Wahrnehmungsvorgängen betont unter anderem Rudolf Arnheim in seinem Aufsatz Die zwei Gesichter des Geistes: Intuition und Intellekt und verweist damit auf zwei wichtige Bestandteile jeder Wahrnehmung. Die Fähigkeit, die Wirkung einer Interaktion zu erfassen, als Definition für die Intuition, und die Paarung mit dem Intellekt sind ausschlaggebend für eine Herauslösung der rohen beziehungsweise geistig unbearbeiteten Holzplatten aus ihrer ursprünglichen Bedeutung und ihrer Avancierung zum Kunstwerk. Dabei wird der traditionell bekannte Werkstoff einem Verfremdungsprozeß unterzogen, einerVeränderung, die innerhalb der Grenzüberschreitung der Moderne einen wichtigen Bestandteil darstellt. Das Bekannte unbekannt zu machen, um es mit John Cage zu sagen.

Verfremdet sind auch die Fotoarbeiten Eggers, allerdings nicht hinsichtlich ihrer Aufnahmetechniken, sondern bezüglich ihrer Präsentationsform. Viele kleine Fotos werden aneinandergereiht, auf den Kopf gestellt und abwechselnd zusammengesetzt. Dabei ergibt sich die Möglichkeit einer unendlichen Serie.

Bevor es jedoch zu dieser Ansicht kommt, werden zahlreiche Fotos hergestellt, die akribisch genau aufgelistet und mit Daten versehen werden und somit einem strengen Konzept unterliegen. So hat Egger über Jahre hinweg ihre unmittelbare Umgebung beobachtetund die Licht- und Schattenspiele der Natur festgehalten. Der Blick aus der eigenen Wohnung stand dabei immer wieder im Zentrum der Aufnamen. Die sublimen Lichtveränderungen, bedingt durch Tages- und Jahreszeitenwechsel, an Innen- und Außenräumen zu beobachten und festzuhalten setzen wiederum jene Wahrnehmunssituation voraus, wie anhand der Holzplatten beschrieben wurde. Vorerst unauffällige Wände, Schächte, Fenster oder Türme verwandeln sich auf Grund von kurzen und langen Schatten, Lichteinfällen und Farbveränderungen in eine lebendige Strukturenvielfalt. Um diese minimalistischen Veränderungen des täglichenDaseins festzuhalten, ist eine serielle Aufzeichnung notwendig. Interessanterweise werden jedoch vie der Präsentationsform nicht jene Aufzeichnungen wiedergegeben, sondern ein Spiel mit Doppeldeutigkeiten vollführt.

Die Fotos werden aus ihrer herkömmlichen Anschauungsform und dem gewohnten Kontext herausgehoben und als Einzelkompartimente, wie eine Art Baustein, für eine neue Form, einen neuen optischen Eindruck verwendet. Die ursprüngliche gegenständlichen und minimalistischen Motive werdenzu teils abstrakten und teils geometrischen Mustern zusammengeführt, die in ihrer Gesamtheit den reduzierten Charakter des Ausgangsfotos verlieren. Wenn Renate Egger ihre Fotoketten als Trope-l´oel-Fotografien bezeichnet, so bezieht sich das auf die Präsentationsform, Fotos von Schatten in Dreiecksform ergeben in der seriellen Anwendung ein konstruktivistisches Gebilde, ebenso wie Fotos vonFenstern ein geometrisches Muster ergeben können und Landschaften zu grün-weiß-grünen Bahnen werden. Der Begriff des Trompe-l´oel wird an sich innerhalb der Malerei angewendet, einer Malerei, die vortäuscht, Realität zu sein. Die Auffassung, daß Malerei vor allem Nachahmung der Natur sei, was gleichbedeutend mit Nachahmung der Wirklichkeit war, stand im Zentrum der Überlegungen. Eine gelungene Täuschung des Betrachters, gemalte Dinge für wirklich zu halten, galt lange Zeit, frühestens jedoch seit Plinius, der vom Wettstreit der griechischen Maler Zeuxis und Parrhasios berichtete, als größter Beweis der Malkunst. Zeuxis malte Trauben derart überzeugend, daß Vögel herbeiflogen. Parrhasios aber malte einen Vorhang, und als Zeuxis forderte, diesen abzuhängen, stand der Sieger fest. Zeuxis hatte die Vögel getäuscht, Parrhasios aber den Menschen. Im Wesen des Trope-l´oel liegt somit einerseits der Wunsch nach Täuschung, andereseits aber sollte diese auch als solche entlarvt werden.

Dieses Spiel der ästhetischen Ambivalenz gilt auch für die Fotoarbeiten Eggers. Angewandt in einer Serie und verfremdet, sind die Fotos nur bei genauerBetrachtung als Aufnahme realer minimalistischer Gegenstände zu erkennen. Die Fotoketten erzeugen ihre eigene Realität und präsentieren ein Beispiel des L´art pour l ´art .

Fotos an sichstellen jedoch keine objektive Wiedergabe der Realität dar, sondern sind selbst Mittel einer mimetischen Täuschung, zumal die Wirklichkeit immer nur subjektiv interpretierend und fragmentarisch wiedergegeben werden kann. Von dieser Überlegung ausgehend, sind die Fotoarbeiten von Renate Egger eine doppelte Täuschung.

Sabine Schaschl. Kunsthaus Baselland. Die Brücke, 1993

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AUSDRUCK HÖCHSTER KONZENTRATION

Anmerkungen zu den „Fotoarbeiten“ und „Holzplatten” von Renate Egger

Auf den ersten Blick mag nicht nur die Zusammenstellung von „Fotoarbeiten“ und „Holzplatten“ als Ausdruck eines künstlerischen Programms überraschen, sondern auch das dabei mitschwingende Understatement. Dieses entspricht einer Bescheidenheit, die sich bei genauerer Betrachtung allerdings als eine Form höchster künstlerischer Konzentration erweist.

„Fotoarbeiten“ – diese Bezeichnung deutet schon an, dass es sich bei den entsprechenden Werken nicht um einfache Fotografien, sondern um Resultate einer doppelten Auseinandersetzung handelt: mit der Wirklichkeit und mit ihrer Reproduktion. Ausgangspunkt dieser Auseinandersetzung ist das unmittelbare Wahrnehmungsfeld der Künstlerin; die Wiener Wohnung, die Südkärntner Landschaft. Die im Bild festgehaltenen Momente sind nicht die einer gegenständlichen Bewegung, sondern das Spiel der Zeit selbst: der Wechsel von Licht und Schatten. Die Fotos sind so immer schon Dokumentation eines Wartens, ein Festhalten des richtigen Augenblicks, Resultat eines genauen Studiums von sublimen Veränderungen, die in der Regel so in die Alltagserfahrung integriert sind, dass sie selten zum exklusiven Gegenstand der Aufmerksamkeit werden. Eine Mauer, eine Fensterfront, ein halbgefülltes Weinglas und die dabei sich abzeichnenden Konfigurationen des Lichts und seiner Schatten – das sind die Motive, die das Auge der Künstlerin sucht, beobachtet, verfolgt und schließlich festhält.

Die so entstandenen Fotografien, Licht-, Struktur- und Landschaftsstudien, werden aber weiter bearbeitet, allerdings nicht auf fototechnischem Wege, sondern indem die Bilder mit sich selber konfrontiert und in ein regelmäßiges Arrangement gebracht werden. Dafür werden fundamentale, nahezu archaische ästhetische Verfahren eingesetzt: Umkehrung und Wiederholung. Diese Vorgangsweise erzeugt zusätzliche Bedeutungsebenen; Aus dem Lichtspiel auf einer Mauer wird ein geometrisches Ornament, aus einem geöffneten Fensterflügel eine dreidimensionale, rhythmisierte, kontrastreiche Hyperstruktur, aus einem Weinglas eine tanzende Kreisbewegung und aus einer Landschaft werden in die Vertikale verschobene Farbbahnen von einer nahezu malerischen Intensität. Doppelt wird damit auch der Blick des Betrachters geschärft. Das Wechselspiel zwischen dem einzelnen Foto und seiner Erweiterung durch sich selbst lässt nicht nur das Detail, die konzentrierte Wahrnehmung eines Blickwinkels, sondern auch die Transformation eines Ausschnittes der Welt in ein ästhetisches Gebilde eigenen Rechts nachvollziehen. Damit gelingt es nicht nur, Elemente der Wirklichkeit in ihrer zeit- und lichtabhängigen Eigentümlichkeit in das Blickfeld zu rücken, sondern auch, die Wahrnehmung von Farben, Rhythmen, Formen, Strukturen, Symmetrien, Linien und Kontrasten in ihrer sublimen Genese erfahrbar zu machen. Die Fotoarbeiten von Renate Egger sind so nicht nur als intensivierte und konzentrierte Weisen der Wirklichkeitserfassung zu lesen, sondern auch als Miniaturen der Formgebung, kleine Bild-Parabeln über die Entstehung des Schönen.

Konzentration ist auch die zentrale Kategorie, mit der man sich Renate Eggers „Holzplatten“ nähern könnte. Einfache Platten, wie sie auch als Reißbretter Verwendung finden, werden zum Gegenstand des ästhetischen Interesses und der künstlerischen Intervention. Diese allerdings ist durch eine äußerste Zurückhaltung gekennzeichnet, man wäre fast versucht zu sagen, von einer tiefen Achtung vor dem Objekt. Die Strukturen des Holzes, die Maserung seiner Oberfläche, der Wechsel von hellen und dunklen Linien sind mehr als nur Material eines gestaltenden Prozesses. Sie sind, durch den selektierenden und bannenden Blick der Künstlerin selbst schon Objekte reiner Anschauung, aller Funktion enthoben, allein auf sich und ihre Erscheinung gestellt. Deshalb ist es auch möglich, dass auch eine völlig unbearbeitete Platte den Blicken der Betrachter preisgegeben werden kann. Dass sie ausgewählt wurde, erlaubt es, sich ihrer Form, ihrer Schönheit, ihrem Dasein zu überlassen, das in dem Maße nicht mehr natürlich ist, als es Resultat eines suchenden Blicks, einer imaginativen Versenkung, einer aus Konzentration und Kontemplation getroffenen Wahl ist. Andererseits gibt aber genau diese Auswahl der Holzplatte, die ja Resultat eines industriellen Produktionsvorgangs ist, ihr natürliches Eigenrecht: Holz zu sein, tendenziell zurück.

Dort, wo die Künstlerin Hand an das Holz legt, ist dieser Akt von äußerster Sparsamkeit. Einige Maserung werden nachgezeichnet, markante Punkte in der Holzstruktur zu einem zarten Dreieck zusammengefasst, durch wenige Striche kann die Erinnerung an eine Landschaft, ein Gebirge, eine Schlucht, einen Horizont geweckt werden. Die Holzplatte wird zu einem kleinen Universum der Phantasie. Dort aber, wo ein Nagel, ein Bildaufhänger, in das Holz getrieben wird, erscheint dies schon fast als ein gewaltsamer Eingriff, der eine schmerzhafte Spannung zwischen der unschuldigen Glätte des Holzes und der Schärfe des Metalls provoziert. Gerade weil zuvor die Zartheit und Eigengestalt der Holzplatte, die Schönheit ihrer Oberfläche erfahren wurde, kann ein kleiner Nagel, der an der Rückseite eines Bildes funktional ist und nie stört, als Verletzung spürbar werden.

In solch minimalen Interventionen, kleinsten Akten der schöpferischen Formung, kann nicht nur etwas über die Struktur eines Holzes erkannt werden, sondern öffnet sich, überlässt man sich einer sinnenden Betrachtung, ein Bedeutungsraum, der als Ausgangspunkt, Projektionsfläche und Erfüllung subjektiver Assoziationswelten dient. Auch und gerade an den auf den ersten Blick wenig spektakulären Holzplatten, die nichts mit dem provokant-auftrumpfenden Gestus von Ready-mades oder Objets trouvés gemein haben, verdichtet und verdeutlicht sich ein entscheidendes Moment aller Kunst: dass diese der Welt einen Spiegel nicht höhnisch vorhält, sondern lediglich anbietet. Sehen muss dann aber jeder ganz alleine.

Konrad Paul Liessmann, Philosoph. Vienna 1995

 

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Photos: © Renate Egger Wilhelm Roseneder